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Dienstleistungsinformationen

Anerkennung von Vormundschaftsvereinen

LWL-Landesjugendamt Westfalen ist gemäß §§ 85 Absatz 2 Nummer 10, 87d Absatz 2 SGB VIII und § 8 Ausführungsgesetz zum Kinder- Fbund Jugendhilfegesetz (AG-KJHG NRW) für die Anerkennung von Vormundschaftsvereinen gemäß § 54 SGB VIII für rechtsfähige Vereine mit Hauptsitz in Westfalen sachlich und örtlich zuständig.

Der Verein muss folgende Eignungsvoraussetzungen erfüllen:

  1. Der rechtsfähige Verein (§ 21 BGB) muss nach seinen satzungsgemäßen Zielen gewährleisten, dass die Voraussetzungen des § 54 Absatz 1 Nr. 1 - 4 SGB VIII erfüllt werden. Die Vereinsvormundschaften oder -pflegschaften sind in erzieherischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht verantwortlich zu führen. Die (vorläufige) 1 Vormundschaft oder Pflegschaft ist gem. § 1790 Abs. 1 BGB unabhängig und im Interesse des Mündels zu führen.
  2. Der Verein muss eine ausreichende Anzahl von geeigneten Mitarbeitenden für die Führung von Vormundschaften und Pflegschaften zur Verfügung stellen. Mitarbeitende sind im Folgenden grundsätzlich haupt- oder nebenamtlich Tätige des Vereins. Diese unterliegen seiner Aufsicht, sind durch ihn weiterzubilden und angemessen gegen Schäden, die diese anderen im Rahmen ihrer Tätigkeit zufügen können, zu versichern.

  3. Ein:e in Vollzeit beschäftigte:r Vereinsvormund:in / -pfleger:in, die / der ausschließlich mit der Führung von Vormundschaften und Pflegschaften betraut ist, soll im Regelfall durchschnittlich maximal 30 Vormundschaften oder Pflegschaften führen. Gemäß § 54 Absatz 1 Nr. 2 SGB VIII darf die vorgegebene maximale Fallzahl von höchstens 50 Vormundschaften und Pflegschaften – und, bei gleichzeitiger Wahrnehmung anderer Aufgaben entsprechend weniger, – nicht überschritten werden.

    Gemäß der Regelung des § 1780 BGB sind bei einer Auswahl der im Verein tätigen Mitarbeitenden zur Übernahme einer Vormundschaft oder Pflegschaft deren bestehende berufliche Arbeitsbelastung sowie die Anzahl und der damit verbundene Umfang, die die bereits geführten Vormundschaften und Pflegschaften beanspruchen, zu berücksichtigen. Dem Familiengericht ist darüber vor einer Bestellung Auskunft zu erteilen.

  4. Die Vormundschaften und Pflegschaften sind durch Mitarbeitende des Vereins entsprechend der Vorgaben des § 1790 Abs. 1 - 5 BGB zu führen. Insbesondere muss die / der Vereinsvormund:in oder -pfleger:in gemäß § 1790 Abs. 3 BGB das Mündel persönlich kennen und soll das Mündel in der Regel einmal im Monat in dessen üblicher Umgebung aufsuchen, es sei denn, im Einzelfall sind kürzere oder längere Besuchsabstände oder ein anderer Ort geboten.

    Des Weiteren hat die / der Vormund:in/Pfleger:in nach § 1795 Abs. 1 Satz 2 BGB die Pflege und Erziehung des Mündels persönlich zu fördern und zu gewährleisten.

  5. Der Verein erbringt den Nachweis der Voraussetzungen des § 54 Abs.1 Nr. 1 SGB VIII zur Eignung seiner Mitarbeitenden unter anderem durch den Abschluss einer Vereinbarung gem. § 72a Abs. 2 und 4 SGB VIII. In dieser verpflichtet er sich, von seinen Bewerber:innen vor einer Einstellung und in regelmäßigen Abständen nach deren Einstellung, ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen zu lassen.

  6. Mit der Aufgabe “Führung einer Vormundschaft oder Pflegschaft für ein Mündel“ dürfen kein/e Mitarbeitenden betraut werden, die als Erzieher:innen in einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung des Vereins tätig sind, in dem bzw. der dieses Mündel lebt oder sonst betreut wird. Eine Aufgabenwahrnehmung beim Führen einer Vormundschaft oder Pflegschaft, die eine vergleichbare Interessenkollision oder ein vergleichbares Abhängigkeitsverhältnis nicht ausschließt, ist nicht statthaft.
  7. Bezüglich der Verpflichtung, sich planmäßig um die Gewinnung, Aus- und Fortbildung und Beratung von Einzelvormünder:innen und -pfleger:innen zu bemühen und einen Erfahrungsaustauch zwischen den Mitarbeitenden zu ermöglichen, wird auf § 54 Abs. 1 Nr. 3. und 4 SGB VIII verwiesen.
  8. Die Arbeits- und Orientierungshilfen für die Mitarbeitenden in den Jugendämtern in Nordrhein Westfalen „Qualitätsstandards für Vormünder“ sollen von den mit der Führung der Vormundschaften und Pflegschaften betrauten Mitarbeitenden des Vereins beachtet und, soweit anwendbar, umgesetzt werden.

  9. Ein/e hauptamtliche:r oder nebenamtliche:r Mitarbeiter:in muss sich für die Übernahme dieser Aufgabe nach ihrer / seiner Persönlichkeit eignen und über eine dieser Aufgabe entsprechende fachliche Ausbildung erhalten haben oder aufgrund besonderer Erfahrungen in der sozialen Arbeit in der Lage sein, die Aufgabe zu erfüllen. Geeignet sind in der Regel:

    • Absolvent:innen eines Bachelor- oder Master-Studiums der Sozialen Arbeit
    • Absolvent:innen eines Bachelor- oder Master-Studiums of Law
    • Sozialpädagogen:innen (FH)
    • Sozialarbeiter:innen
    • Erzieher:innen
    • Verwaltungsmitarbeiter:innen mit einer einschlägigen Berufsfelderfahrung
    • sonstige Mitarbeiter:innen, die über einschlägige Berufsfelderfahrung verfügen

      Die Mitarbeitenden sollen ferner eine wenigstens einjährige einschlägige Berufsfelderfahrung haben, bevor sie eigenverantwortlich Kernaufgaben der Vormundschaft und Pflegschaft wahrnehmen.

      Die Mitarbeitenden müssen keine Mitglieder des Vereins sein. Alle mit vormundschaftlichen Obliegenhei- ten betrauten Mitarbeitenden müssen auf ihre Tätigkeit hinreichend vorbereitet werden. Hinsichtlich der fachlichen Voraussetzungen der Mitarbeitenden wird im Übrigen auf die in der Empfehlung „Qualitätsstan- dards für Vormünder“ erarbeiteten Standards ergänzend Bezug genommen.

  10. Der rechtsfähige Verein hat eine ordnungsgemäße Kassen-, Wirtschafts- und Vermögensverwaltung der Mündelangelegenheiten und eine unabhängige Prüfung dieser Rechnungslegung sicherzustellen.

Verpflichtung zur Qualitätssicherung und -entwicklung

  1. Die Qualitätsentwicklung dient der Sicherung und Wahrung von Rechten von Kindern und Jugendlichen sowie deren Schutz vor Gewalt.
  2. Der Verein hat für seine Aufgabenwahrnehmung der Vereinsvormundschaften und –pflegschaften Qualitätsstandards in Form eines Qualitätsentwicklungskonzepts anzufertigen. Darüber hinaus ist er verpflichtet, seine Aufgabenwahrnehmung regelmäßig zu evaluieren und entsprechend seine Qualitätsstandards weiter zu entwickeln.
  3. Der Verein orientiert sich bei seinem Konzept an den fachlichen Empfehlungen des LWL-Landesjugendamtes Westfalen und an bereits geltenden Qualitätsstandard, Maßstäben für die Bewertung der Qualität sowie Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung.
  4. Das Konzept soll insbesondere die Art und den Umfang
    • der Beteiligung der Mündel und Pfleglinge,
    • der Kooperation mit den beteiligten Trägern der freien Jugendhilfe und anderen Behörden,
    • der Elternarbeit,
    • der Maßnahmen zur Sicherstellung der kontinuierlichen Weiterentwicklung und Anpassung der Aufgabenwahrnehmung an gesetzliche Veränderungen, gesellschaftlichen Wandel, fachliche Standards,
    • der (Weiter-)Qualifikation der Vormünder:innen und Pfleger:innen,
    • der Wahrnehmung der monatlichen Besuchskontakte,
    • der Sicherstellung einer der Grundrichtung des 9 SGB VIII entsprechenden Erziehung sowie
    • der Einbeziehung der Vormünder:innen oder Pfleger:innen zum Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung (§ 8a SGB VIII)
      darstellen. Das Konzept ist mit einem Erstelldatum zu versehen.
  5. Das Qualitätsentwicklungskonzept nach Absatz 1 ist von einem Verein, der eine Anerkennung neu oder erneut erhalten hat, dem LWL-Landesjugendamt Westfalen spätestens mit dem Jahresbericht (§ 5 Abs. 2) erstmalig bekanntzugeben.
  6. Jede aktualisierte Fassung ist dem LWL-Landesjugendamt Westfalen unter Bekanntgabe der Änderun- gen unaufgefordert zur Kenntnis zuzuleiten.

Berichts- und Auskunftspflicht

  1. Vereine, die eine Anerkennung zur Führung von Vormundschaften und Pflegschafen haben, senden alle drei Jahre einen Bericht über ihre Tätigkeit an das LWL-Landesjugendamt Westfalen. Der Bericht ist spätestens bis zum 31. März des auf den Berichtszeitraum folgenden Kalenderjahres abzugeben (allgemeine Berichtspflicht). Die entsprechenden Vordrucke des LWL-Landesjugendamtes Westfalen sind zu verwenden.
  2. Vereine, denen die Anerkennung zur Führung von Vormundschaften und Pflegschaften erstmals oder erneut erteilt worden ist, geben dem LWL-Landesjugendamt Westfalen einen Bericht über das erste Jahr ihrer Vormundschaftstätigkeit (Jahresbericht). Der Jahresbericht ist spätestens mit Ablauf des fünfzehnten Monats ab dem Datum der erstmaligen oder erneuten Anerkennung dem LWL-Landesjugendamt Westfalen zuzusenden. Die entsprechenden Vordrucke des Landesjugendamtes sind zu verwenden. Unabhängig vom Zeitpunkt der Anerkennung und der Verpflichtung zum Jahresbericht nehmen die neu oder erneut anerkannten Vormundschaftsvereine an der regelmäßigen allgemeinen Berichtspflicht teil.
  3. Soweit eine elektronisch unterstützte Berichterstattung (Abfrage im Onlineverfahren) zur Anwendung kommt, sollen die Vereine daran teilnehmen.
  4. Der Verein hat das LWL-Landesjugendamt Westfalen unverzüglich zu unterrichten, wenn die Vorausset- zungen für die Erteilung der Anerkennung nach § 2 dieser Richtlinie sowie nach § 54 Absatz 1 SGB VIII nicht mehr gegeben, ganz oder teilweise weggefallen oder vom Wegfall bedroht sind. Die Unterrichtungspflicht gilt auch, wenn der Verein vollständig aufgelöst oder im Vereinsregister gelöscht wird bzw. wurde. Eine Kopie der Unterrichtung ist dem örtlichen Jugendamt zuzuleiten.
  5. Das LWL-Landesjugendamt Westfalen behält sich darüber hinaus vor, das Fortbestehen der Voraussetzungen zur Anerkennung durch das Einholen von Auskünften und Nachweisen zu überprüfen.
  6. Des Weiteren sind dem LWL-Landesjugendamt Westfalen folgende Änderungen unverzüglich mitzuteilen:
    • Änderung der Rechtsform
    • Änderung des Vereinsnamens
    • Änderung der rechtlichen Vertretung
    • Änderung der leitendenden Ansprechperson
    • Änderung des Vereinssitzes
    • Änderung der Kontaktdaten
    • Änderung der Vereinssatzung
    • Veränderungen in der Art und Höhe der Schadensabsicherung

Rücknahme und Widerruf der Anerkennung

  1. Die Anerkennung wird zurückgenommen, wenn die Voraussetzungen für ihre Erteilung nicht vorgelegen Sie wird widerrufen, wenn die Voraussetzungen für ihre Erteilung nicht mehr vorliegen. Gegen die Rücknahme und den Widerruf steht der Rechtsweg offen.
  2. Die Anerkennung gilt durch die Auflösung des Vereins als zurückgenommen.
  3. Werden Nebenbestimmungen, die mit der Anerkennung verbunden sind, (z. B. die Berichtspflicht) nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht erfüllt, so kann die Anerkennung widerrufen werden.
  4. Die Rücknahme oder der Widerruf der Anerkennung werden den in § 3 Abs. 4 benannten Stellen bekannt gegeben.

Schlussbestimmungen/Übergangsregelung

  1. Diese Richtlinie wird durch Rundschreiben bekannt gemacht und tritt zum 01.2023 in Kraft.
  2. Mit Inkrafttreten dieser Richtlinie tritt die Richtlinie vom 01.01.2014 außer Kraft.
  3. Eine bei Ablauf des 31.12.2022 erteilte Erlaubnis zur Übernahme von Vereinsvormundschaften und Vereinspflegschaften gilt als Anerkennung als Vormundschaftsverein fort.
  4. Diese Richtlinie ist auf vor dem 01.01.2023 begonnene und noch nicht abgeschlossene Antragsverfahren anzuwenden.

Unterlagen

Der Verein hat dem Antrag folgende Unterlagen beizufügen:

  • Die Vereinssatzung, aus der eine konkrete Aufgabenformulierung, nämlich die Übernahme von Vereinsvormundschaften / -pflegschaften für Minderjährige, hervorgeht. Die Aufgabenwahrnehmung der Vereinsvormundschaft muss nicht den ausschließlichen Zweck des Vereins darstellen
  • Nachweis der Rechtsfähigkeit des Vereins durch einen Auszug aus dem Vereinsregister
  • (Gegebenenfalls) Stellungnahme des Spitzenverbandes
  • Stellungnahme des Familiengerichts am Hauptsitz des Vereins (Anlage 1)
  • Stellungnahme des Jugendamtes am Hauptsitz des Vereins
  • Nachweise über Anzahl, Ausbildung und ggf. einschlägige Berufserfahrung der geeigneten Mitarbeitenden
  • Nachweis über die Anzahl der in der Führung von Vormundschaften und Pflegschaften ehrenamtlich tätigen Mitarbeitenden
  • Nachweis über den Abschluss einer angemessenen Haftpflichtversicherung. Als angemessen ist eine Versicherung dann anzusehen, wenn sie marktüblichen Mindestanforderungen entspricht. Je nach Aufgabenstellung des Vereins sollte im Einzelfall die Versicherungssumme, an der Höhe des zu verwaltenden Vermögens orientiert, höher eingesetzt werden

Verfahrensablauf

  1. Die Erlaubnis zur Übernahme von Vereinsvormundschaften oder -pflegschaften wird nur auf Antrag des Vereins erteilt. Der Antrag ist von dem nach der Satzung vertretungsberechtigten Vorstand schriftlich und unterschrieben beim LWL-Landesjugendamt Westfalen zu stellen.
  2. Das LWL-Landesjugendamt entscheidet über den Antrag im schriftlichen Verfahren. Über die Anerkennung wird dem Verein eine Urkunde ausgestellt.
  3. Den Jugendämtern und Familiengerichten in NRW sowie dem LVR-Landesjugendamt Rheinland wird die Anerkennung bekanntgegeben.

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