Kündigungsschutz für Menschen mit Behinderung (§§ 168 ff. SGB IX)

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Kündigungsschutz für Menschen mit Behinderung (§§ 168 ff. SGB IX)

Wenn Sie einen schwerbehinderten Menschen oder eine gleichgestellte behinderte Person kündigen möchten, müssen Sie vorher die Zustimmung des Integrationsamtes (in Bayern und Nordrhein-Westfalen: Inklusionsamt) einholen.

Schwerbehinderte Menschen und gleichgestellte behinderte Personen sind vor Kündigungen besonders geschützt. Deshalb müssen Sie die Zustimmung des Integrationsamtes (in Bayern und Nordrhein-Westfalen: Inklusionsamt) einholen, bevor Sie die Kündigung aussprechen.

Die Zustimmung ist unabhängig vom Grund der beabsichtigten Kündigung (personen-, betriebs- oder verhaltensbedingt) erforderlich. Der Sonderkündigungsschutz gilt auch unabhängig davon, wie groß Ihr Betrieb ist.

Die Zustimmung des Integrationsamtes brauchen Sie bei allen Arten von Kündigungen, also bei:

  • ordentlichen Kündigungen,
  • außerordentlichen (fristlosen) Kündigungen sowie
  • Änderungskündigungen.


Neben dem eigentlichen Kündigungsgrund berücksichtigt das Integrationsamt bei seiner Entscheidung im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen erforderlichen Abwägung der gegenseitigen Interessen beispielsweise:

  • Größe und wirtschaftliche Situation der Arbeitgeberin/des Arbeitgebers und
  • Erfüllung der Beschäftigungspflicht


sowie:

  • Art und Schwere der Behinderung
  • Alter,
  • persönliche Verhältnisse des schwerbehinderten Menschen,
  • die Dauer der Betriebszugehörigkeit und
  • seine Chancen, bei einer etwaigen Entlassung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen anderen Arbeitsplatz zu finden.


Insbesondere bei personen- und verhaltensbedingten Kündigungen wird im Kündigungsschutzverfahren geklärt, was die/der Arbeitgebende beziehungsweise die Dienststelle sowie - falls vorhanden - das betriebliche Integrationsteam zur Abwendung der Kündigung im Vorfeld getan haben und ob gegebenenfalls Maßnahmen im Rahmen der Prävention veranlasst wurden.

Bei außerordentlichen (fristlosen) Kündigungen prüft das Integrationsamt, ob die Kündigung im Zusammenhang mit der Schwerbehinderung steht. Wenn das nicht der Fall ist, stimmt es der Kündigung i.d.R. zu. Eine Kündigung, die Sie ohne Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung (soweit im Betrieb vorhanden) aussprechen, ist unwirksam.

Eine ohne vorherige Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochene Kündigung ist ebenfalls unwirksam. Sie kann auch nicht nachträglich durch das Integrationsamt genehmigt werden.

Sie brauchen nur dann keine Zustimmung, wenn der oder die schwerbehinderte Beschäftigte:

  • selbst kündigt,
  • weniger als 6 Monate in Ihrem Betrieb arbeitet,
  • das 58. Lebensjahr vollendet hat und einen Anspruch auf eine Abfindung oder ähnliche Leistung hat,
  • eine Kündigung aus Witterungsgründen erhalten soll und seitens der Arbeitsgeberin oder des Arbeitgebers eine verbindliche Wiedereinstellungszusage gegeben wird,
  • zum Zeitpunkt der Kündigung keinen Status als schwerbehinderter Mensch hat bzw. dieser nicht von den dafür zuständigen Behörden festgestellt werden konnte oder
  • das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung, zum Beispiel durch einen Aufhebungsvertrag, beendet hat.

Voraussetzungen

  • Anerkennung als schwerbehinderter Mensch: es muss von der feststellenden Behörde ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 festgestellt worden sein.
  • Gleichstellung: bei einem Grad der Behinderung von 30 oder 40 muss die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen von der Agentur für Arbeit erteilt worden sein.

Unterlagen

  • Schwerbehindertenausweis
  • Feststellungsbescheid der feststellenden Behörde über die Schwerbehinderung (wird vom Integrationsamt bei Beschäftigten angefordert. Die/Der Arbeitgeber:in hat keinen Anspruch auf dieses Dokument)
  • Gleichstellungsbescheid der Agentur für Arbeit
  • ausführliche Begründung der Kündigungsabsicht

Fristen

  • Zustimmung zur außerordentlichen (fristlosen) Kündigung: Sie müssen unverzüglich nach Zustimmung des Integrationsamtes die Kündigung aussprechen. Versäumen Sie dies, können Sie nicht mehr wirksam kündigen.
  • Zustimmung zur ordentlichen Kündigung: Sie müssen nach Zugang der Zustimmung des Integrationsamtes die Kündigung innerhalb eines Monats aussprechen. Danach erlischt die Zustimmung zu Kündigung. Sie können dann nur noch ein neues ordentliches Kündigungsverfahren anstreben.

Kosten

  • keine Antragsgebühren

Bearbeitungsdauer

  • Zustimmung zur außerordentlichen (fristlosen) Kündigung: Entscheidung des Integrationsamtes innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang. Erfolgt innerhalb dieser Frist keine Entscheidung durch das Integrationsamt, gilt die Zustimmung als erteilt.
  • Zustimmung zur ordentlichen Kündigung: Entscheidung des Integrationsamtes i.d.R. innerhalb eines Monats. Voraussetzung dafür ist, dass dem Integrationsamt alle Informationen vorliegen, um über den Antrag entscheiden zu können.

Verfahrensablauf

Die Zustimmung zur Kündigung eines schwerbehinderten Menschen können Sie schriftlich oder elektronisch beantragen:

  • Bitte nutzen Sie hierfür das vorgesehene Antragsformular, füllen Sie dieses vollständig aus und senden Sie es mit den erforderlichen Unterlagen an das Integrationsamt.
  • Nach Erhalt des Antrags auf Zustimmung zur Kündigung prüft das Integrationsamt den Sachverhalt. Dazu hört es den schwerbehinderten Menschen an und holt die Stellungnahme des Betriebs- oder Personalrates und der Schwerbehindertenvertretung ein. 
  • Falls erforderlich, schaltet das Integrationsamt auch Fachkräfte ein (zum Beispiel den Integrationsfachdienst oder den Technischen Beratungsdienst) und/oder holt weitere Stellungnahmen und Gutachten, z.B. von behandelnden Ärzten:innen oder arbeitsmedizinischen Zentren, ein. Zur Sachverhaltsaufklärung kann es auch Zeugenvernehmungen durchführen.
  • Das Integrationsamt ist verpflichtet, in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Das kann besonders gut in einer mündlichen Verhandlung mit allen Beteiligten geschehen.
  • Im Rahmen einer gütlichen Einigung kann das Integrationsamt auch Leistungen der Begleitenden Hilfe im Arbeitsleben aus Mitteln der Ausgleichsabgabe anbieten, zum Beispiel zur behinderungsgerechten Arbeitsplatzgestaltung oder zum Ausgleich außergewöhnlicher Belastungen, die mit der Beschäftigung des schwerbehinderten Menschen verbunden sein können.
  • Kommt eine gütliche Einigung nicht zustande, trifft das Integrationsamt nach pflichtgemäßem Ermessen unter Abwägung der gegenseitigen Interessen der beiden Parteien eine Entscheidung über den Antrag. Bei Kündigungen in Zusammenhang mit Betriebseinstellungen, wesentlichen Betriebseinschränkungen und Insolvenzen gelten Sonderregelungen.
  • Das Integrationsamt erlässt dazu einen Kündigungsbescheid, der adressiert ist an Sie als Antragsteller:in und gleichzeitig an die/den Beschäftigte:n als Verfahrensbeteiligten. Der Bescheid enthält neben der Entscheidung eine ausführliche Begründung und einen Rechtsbehelf.

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